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Was ist Glück?

von Achim Fürniss | |   Nachgedacht

Wie kann ich glücklich sein? Kein anderes Thema scheint uns mehr zu beschäftigen als dieses. Es gibt so vieles, was uns eigentlich glücklich machen sollte. Aber sind die Menschen deshalb heute glücklicher?

Was kann ich tun, um glücklich zu sein? Kein anderes Thema scheint unsere Gesellschaft heute mehr zu beschäftigen als dieses. Es gibt so vieles, was uns eigentlich glücklich machen sollte: wir haben meist mehr als wir zum Leben brauchen, wir haben die reelle Chance auf ein gesundes und langes Leben und wir dürfen uns über viele Annehmlichkeiten des Lebens erfreuen, von denen Menschen anderswo nur träumen können. Und dennoch lässt sich in unserem Land ein eigenartiges Phänomen entdecken. Die Menschen sind nicht glücklicher geworden mit dem Wohlstand. Im Gegenteil: Sie scheinen das Gefühl des Glücklichseins, des ausgefüllten und gelungenen Lebens mehr zu vermissen als je zuvor.

Eine lange Liste von Ratgebern scheint den glücklosen Menschen unserer Zeit Nachhilfeunterricht in Sachen Glück zu versprechen. „Sorge dich nicht, lebe“ heißt es in dem Bestseller von Dale Carnegie. Seine Empfehlung zum Thema: „Dem Leben Richtung geben“.

Andere geben den Rat: „Loslassen und glücklich sein“. Unser Leben scheint zu voll, zu überladen von allem. „Simplify your life“ fordert uns der christliche Karikaturist Werner Küstenmacher und der Unternehmensberater und Zeitsparer Werner Seiwert auf. Alles läuft auf die eine Frage hinaus, die immer mehr Menschen in der Welt des Überflusses bewegt: „Was brauche ich wirklich?“ – auch ein Buchtitel, der uns empfiehlt, inneren und äußeren Ballast abzuwerfen und wieder unbeschwert zu leben (Hildegard Kessel, Was ich wirklich brauche).

„Es gibt nur zwei Wege zum Glück“, lehrt uns der Dalai Lama, ebenfalls Bestsellerautor in Sachen Glück. „Der erste ist äußerlich“, schreibt er, wir erreichen ihn durch bessere Lebensbedingungen, die uns ein gewisses Maß an Glück und Zufriedenheit bescheren, uns aber immer wieder unbefriedigt lassen, wenn es an der Befriedigung ermangelt. Wir brauchen stets neue Befriedigungen und werden nie genug bekommen, auch wenn wir schon mehr als genug davon besitzen. Der erste Weg kann nie ohne den zweiten auskommen: Das ist der innere Weg der geistigen Entwicklung. Die luxuriöseste Umgebung kann uns nicht zufrieden stellen, wenn wir nicht auch diesen Weg zum Glück kennen; „Wenn wir geistigen Frieden haben, dann können wir Glück auch unter den schwierigsten Umständen finden“, schreibt der Friedensnobelpreisträger.

Eine eigenartige Form des Glückes ist es auch, die uns Jesus zu Beginn seiner Bergpredigt in den Seligpreisungen gibt (Matth. 5,1-10). Er preist die Menschen glücklich, die wir für die Unglücklichsten unter uns halten würden: die Armen, die Hungrigen, die Leidgeprüften oder die Verfolgten. Eigentlich ist das alles so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir als Glück bezeichnen würden. Es befremdet uns, gerade in der Entbehrung den Weg zum Glück zu erkennen. Wer es selbst je erfahren hat, kann ein Lied davon singen, dass Armut kein erfreulicher Zustand ist. Oder Hunger, ein Zustand, den immer noch ein unerträglich großer Teil der Weltbevölkerung ertragen muss. Auch Verfolgung ist ein schlimmes Schicksal. Wenn man sich an keinem Ort sicher fühlen kann und stets in Angst leben muss. Man wird hier wohl kaum von Glück reden können.

Jedenfalls wissen diese Menschen, was sie nicht haben und wonach sie sich mehr denn je sehnen. Das könnte Jesus gemeint haben, wenn er ihnen das Glück zuspricht. Es wäre dann so etwas wie eine Verheißung für ihr geschundenes Leben, ein Funke Hoffnung für ihr trostloses Dasein. Wer die Armut kennen gelernt hat, der weiß selbst den kleinsten Reichtum zu schätzen; wer selbst einmal den Hunger erlitten hat, der kann auch dem einfachsten Stück Brot noch etwas ausgesprochen Wertvolles abgewinnen; wer selbst immer wieder in seiner Gutmütigkeit ausgenutzt wurde, der wird sich darüber freuen, dass Menschen wie ihm das Erdreich zugesprochen wird.

Es ist wohl schon so, dass die Erfahrung des Glücks mit der Erfahrung des Mangels zu tun hat. Aber müssen wir darum auf alles verzichten, um glücklich zu sein? Müssen wir uns das Unheil geradezu herbeiwünschen, um das Heil zu erfahren? Nein, ich denke nicht. Jesus liebt es einfach, die Dinge umzudrehen. Das Reich Gottes, das mit seinem Kommen anbricht, besteht darin, dass es die Welt auf den Kopf stellt: „Die ersten werden die letzten sein und die letzten die ersten; und wer mir nachfolgt, wird nicht herrschen, sondern dienen“.

Das ist eine durchaus realistische Erfahrung auf dem Weg zum Glück. Wenn wir nicht immer die Schnellsten auf der Autobahn sein müssen, dann können wir ganz ruhig und gelassen unseren Weg ziehen und dabei durchaus zufriedener und glücklicher sein. Wir müssen uns auch nicht ständig über die Dinge aufregen, wie wir ohnehin nicht ändern können. Dann können wir das Glück empfinden, die Dinge so zu sehen wie sie sind.

Und wenn wir nicht alles haben müssen, weil die anderen haben, dann werden wir die glückliche Erfahrung machen, dass wir ohne dieses oder jenes genauso oder noch glücklicher sein können. Dabei kann es wirklich eine entlastende Erfahrung sein, unser Leben zu vereinfachen und uns von den Dingen in unserem Leben zu trennen, die uns das Leben unnötig schwer machen.

Drehen wir die Sätze einfach wieder herum, wie es Judith Sixel in ihren Versen getan hat, und dann verstehen wir vielleicht was Jesus meinte:

  • „Selig, die bereit zum Aufbruch sind,
    denn in ihnen wird neues Leben aufbrechen,
    selig, die ein Ziel haben, das höher ist als sie,
    denn sie haben Grund nach oben zu schauen.“

Die Seligpreisungen sind die Eröffnungssätze zu Jesu Rede über seine Vorstellung vom ganz anderen, neuen Leben im Reiche Gottes. Da wird uns zunächst ganz viel zugesprochen. Und denen noch viel mehr, die wenig haben. Wir können wachsen, weil wir empfangen, wir können getröstet sein, weil wir Zuspruch erhalten haben. Wir können uns satt fühlen, weil wir so reichlich empfangen haben, dass wir das Glück mit anderen teilen können. Und wir können ohne Angst leben auch in der größten Bedrohung, weil wir die Herrschaft Gottes über diese glücklose Welt schon längst als unser Glück erkannt haben.

Was ist also Glück? Wie können wir Zufriedenheit und Erfüllung in unserem Leben finden? Wir werden es wissen, wenn wir den Weg mit den Armen teilen, wenn wir den Menschen nahe sind, die Leid erfahren, wenn wir denen Raum geben, die verfolgt werden, oder die Hungrigen mit unserem Überfluss sättigen.

Glück lässt sich dort erfahren, so die Seligpreisungen Jesu, wo wir es am wenigsten erwarten. Indem wir teilen, was uns geschenkt wurde, indem wir weitergeben, was auch uns beglückt hat, indem wir erfahren, welch überwältigende Erfahrung es ist, einen anderen Menschen glücklich zu machen.

Achim Fürniss

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