Diese Webseite nutzt Cookies

Diese Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung des Erlebnisses unserer Besucher. Indem Sie weiterhin auf dieser Webseite navigieren, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden.

Einige dieser Cookies sind technisch zwingend notwendig, um gewissen Funktionen der Webseite zu gewährleisten.

Darüber hinaus verwenden wir einige Cookies, die dazu dienen, Informationen über das Benutzerverhalten auf dieser Webseite zu gewinnen und unsere Webseite auf Basis dieser Informationen stetig zu verbessern.

ArtikelThemenMeinungInfos

Trinität - nur ein Gedankenspiel?

von Achim Fürniss | |   Nachgedacht

Das schwierige Nachdenken über die christliche Trinitätslehre und das Wesen des biblischen Gottesbildes...

Vom Heilgen Patrick, dem Apostel der Iren wird erzählt, dass er in den düsteren Zeiten des frühen Mittelalters die Stammesfürsten der Iren und den Hochkönig von Cashel mit einem dreiblättrigen Kleeblatt vom Mysterium der Dreieinigkeit überzeugt haben soll. Noch heute tragen Iren ein Sträußchen des hoch wachsenden irischen Klees am St. Patricksday (17. März) mit sich. Und immer, wo sich mehr als drei Iren an diesem Tag treffen, wird jenem Heiligen ein Fest gefeiert, egal wo man sich begegnet auf dieser Welt.

 

Schwierige Vorstellung

Die drei Blätter an der selben Pflanze symbolisieren die Einheit und die Verschiedenheit des Göttlichen. Und immer wieder kommt man in Verlegenheit , wenn man erklären soll, wie man sich das vorzustellen habe. Ist Gott nicht einer - wieso begegnet man ihm dann in verschiedener Gestalt? Von Moslems zurückgewiesen, von Skeptikern belächelt, für Zweifler ein unlogischer Unsinn, von Kritikern des Christentums abgelehnt, gehört die Trinitätslehre dennoch zu den Lieblingsthemen der christlichen Theologie.

Freilich, die einfachen Gläubigen tun sich schwer damit. In Umfragen über das Wissen über die christlichen Glaubensinhalten rangiert die Trinitäslehre auf einer der unteren Plätze. Nur sieben Prozent in einer SPIEGEL-Umfrage geben an, mit der Dreieinigkeit etwas anfangen zu können. Für viele andere ist sie schlichtweg unnötig.

 

Nicht verstehen, sondern anbeten

Was bedeutet also Trinität und warum hat sie solch eine große Bedeutung, dass man das halbe Kirchenjahr die Sonntage nach dem Fest Trinitatis benennt.

Der Reformator Philipp Melanchthon meinte einmal, man solle die Trinität nicht ergründen sondern anbeten. ("Mysteria divinitatis rectius adoraverimus quam investigaverimus". Zu deutsch: "Die Geheimnisse der Gottheit sollten wir lieber anbeten statt sie ergründen zu wollen." In den Loci Communes von 1521). So taufen wir Kinder auch auf den dreieinigen Gott, beginnen jeden Gottesdienst im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, bekennen Gott mit dem dreigliedrigen Glaubensbekenntnis und beenden den Gottesdienst mit einer dreifachen Segensbitte.

 

Erklärung des biblischen Gottesbildes

Doch auch das stellt uns nicht ganz zufrieden. Wollen wir doch verstehen, was wir glauben und uns nicht einfach mit einer Formel zufrieden geben, die uns seit Jahrhunderten zwar vertraut, aber dem Inhalt nach fremd geblieben ist.

Für die Theologie ist die Trinitätslehre so etwas wie eine Erklärung der christlichen Gotteslehre, eine theologisches Modell, um über das Wesen Gottes und seines Handelns nachzudenken. Der Heidelberger Theologe Härle spricht von einer Meta-Theorie zur Gotteslehre (Zeitzeichen, 6/2008). Wenn wir von Gott im christlichen Sinne sprechen, sprechen wir von einem Gott in dreierlei Gestalt. Gott als Vater erfahren wir anders als im Beispiel seines Sohnes und auch im Wirken des Heiligen Geistes erkennen wir das Handeln Gottes wider. Immer jedoch ist es der selbe Gott, den wir hier verehren.

Nach Jahrhunderten des Streits über das wahre Wesen Christi kristallisierte sich bis ins sechste Jahrhundert hinein die Trinitätslehre heraus. Sie erklärt und fasst zusammen, wie uns in Christus mehr begegnet als ein normaler Mensch und wie Gott doch in Jesus absolut menschliche Gestalt annahm, ja wie wir Menschen in der Nachfolge Christi durch die Kraft des Heiligen Geistes zu Gott finden können.

 

Die menschliche Seite Gottes

Für mich ist diese menschliche Seite Gottes immer wichtig gewesen, ja vielleicht überhaupt eines der Wesenszüge des Christentums, das es von anderen Religionen unterscheidet, allen voran dem Judentum und dem Islam. Gott macht den entscheidenden Schritt auf uns Menschen zu, überwindet die Grenze zwischen dem Göttlichen und Geschöpflichen, indem er selbst Geschöpf wird. Gott schlägt damit die Brücke zu uns Menschen, damit wir durch die Nähe unseres Bruders Jesus Christus den Weg zu Gott finden können.

Gott in christlichem Sinne ist darum mehr als der allmächtige Herrscher, er ist mehr als ein König im Himmel, er ist viel näher als wir denken, er ist unter uns, ja er ist sogar in uns, Gottes unausprechlicher Name gewinnt Gestalt, sein bildloses Wesen findet ein Gesicht im Menschen Jesus Christus. Die Erhabenheit Gottes im Islam ist faszinierend, die Ehrfurcht vor dem unaussprechlichen Namen Gottes im Judentum ist vorbildlich. Und doch spüre ich die Nähe und die Zärtlichkeit zu diesem Gott, der wie ein Vater, wie eine Mutter mein Leben begleitet, gerade im Christentum. Der menschenfreundliche Gott, der dem Leben eines jeden Menschen, sei es ein Christ, Jude, Moslem oder Atheist seine Würde verleiht, ist mir in all den Jahren meines Lebens immer wichtiger geworden.

 

Ein theologisches Konstrukt

Die Trinitätslehre ist dabei ein theologisches Konstrukt. Ein Kunstgebilde, ich möchte sagen ein Gedankenspiel, das dieses besondere Wesen Gottes abbilden möchte. Kein Dogma – das wir glauben müssen, ein Modell, das uns helfen möchte, Gott zu verstehen. Denn Gott lebt in Beziehungen. Er bleibt nicht für sich. Das pulsierende dreimal Eine möchte uns in Bewegung bringen, möchte uns mit hinein nehmen in diese Beziehung, zu der wir alle gehören dürfen. Menschen jeder Herkunft und jeden Geschlechts.

Was Theologen in vielen Jahrhunderten des Nachdenkens über den Glauben formuliert haben, ist der Bibel nicht fremd. Zwar finden wir die Trinitätslehre nirgendwo in der Bibel ausdrücklich erwähnt. Dennoch gibt es viele Stellen, die diese nahe legen. Die besondere Herkunft Jesu, die in den Geburtsgeschichten des Matthäus- oder Lukasevangeliums erzählt werden, ebenso wie das Bekenntnis zur Sohnschaft des Gottessohnes, des Messias Jesus, legen schon die Spur. Das besondere Verhältnis Jesu zu Gott („abba, liebe Vater“) und die Wirksamkeit des Heils in Jesus Christus („Ist dieser nicht Gottes Sohn?“) machen aus Jesus im christlichen Bekenntnis von vornherein mehr als einen besonderen Menschen oder einen begnadeten Propheten. Er ist mehr als das. Er ist mit Gott verbunden. In ihm erscheint uns Gottes Wesen selbst. Das Johannesevangelium bringt diese Vorstellung auf den Punkt. Jesus sagt dort von sich selbst: „Wer mich sieht, sieht den Vater“ (Joh. 14) und der Tröster (sprich der Geist) hilft uns, Jesus als den Sohn des Vaters zu erkennen.

 

Der Bibel nicht fremd

Nein, die Trinitätslehre ist mehr als eine Erfindung der Theologen des 3. bis 6. Jahrhunderts. Sie ist eine konsequente Auslegung des biblischen Zeugnisses von Jesus Christus. Zwar wurde sie in ihrer konkreten Gestalt erst nach und nach entfaltet. Doch schon im Neuen, vielleicht auch schon im Alten Testament, finden wir Ansätze dazu, die sie später nahelegen. Die Predigtreihen zum Sonntag Trinitatis führen einige der bekanntesten Stellen auf. Der dreifache aaronitischen Segen wird uns in jedem Gottesdienst zum Schluss zugesprochen. Und der dreifache apostolische Gruß eröffnet ihn.

Die Grußformel aus dem zweiten Korintherbrief spricht in überraschender Deutlichkeit von der Dreiheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist. „Die Gnade unseres Herrn, Jesus Christus“ heißt es da „und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes, sei mit euch allen.“ (2.Kor. 13,13). Gnade, Liebe und Gemeinschaft sind dabei die innere Verbindung dieser Dreiheit. Das eine erwächst aus dem anderen. Gnade schenkt Liebe, und Liebe ermöglicht Gemeinschaft. Das Wesen Gottes besteht in der Kraft der liebenden Begegnung.

Gott nimmt uns, die Heiligen, wie Paulus sagt, mit hinein in diese Bewegung. Trinität bedeutet: Gott bleibt nicht für sich in seiner Hoheit und Majestät, seiner unermesslichen Größe und Weisheit. Nein, Gott teilt sein Wesen mit uns Menschen in seiner Gnade, er nimmt uns gleichsam mit hinein in sein Wesen. Und die Gnade Gottes begegnet uns in seinem Sohn Jesus Christus. Das Wesen Gottes ist, nach der Grußformel aus dem zweiten Korintherbrief, Liebe. Weil Gott liebt, kann er nicht für sich alleine bleiben. Liebe sucht das Gegenüber, Liebe verschenkt sich, teilt sich anderen mit, geht in anderen auf. Darum schenkt dieser Geist der Liebe Gemeinschaft, Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Wo wir die Gnade der Liebe, der göttlichen Liebe in unserem Leben erfahren dürfen, da finden Menschen zusammen zu einer tieferen Gemeinschaft, einer Liebesgemeinschaft.

 

Das Geheimnis Gottes

Läßt sich die Trinität also verstehen? Verstehen vielleicht nicht. Erfahren jedoch schon. Und anbeten erst recht: „Geheimnis Unseres Gottes, der Du uns in dreifach verschiedener Weise immer wieder begegnest und doch immer wieder der gleiche liebende Gott bist, Vater, Sohn und Heiliger Geist.“ Amen.

 

Pfarrer Achim Fürniss, Backnang

Zurück