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Gottes großer Traum

Ich habe einen Traum

„I have a dream – Ich habe einen Traum", diese Worte von Martin Luther King gehen uns heute noch unter die Haut. Sie sprechen von einem großen Traum der Brüderlichkeit, die der schwarze Baptistenpfarrer und Bürgerrechtler vor über 40 Jahren am 28. August 1963 auf dem Capitol in Washington sprach. Hunderttausende waren mit ihm in die amerikanische Hauptstadt gezogen und demonstrierten für die Abschaffung der erniedrigenden Rassengesetze in den Vereinigten Staaten. Es war „als kämen seine Worte von einem höheren Ort“ erinnert sich Coretta King, seine Frau „als sprächen sie durch ihn hindurch zu den beladenen Menschen vor ihm. Der Himmel tat sich auf und wir alle schienen verwandelt.“

Es gibt nur wenige Momente wie diesen, in dem wir alle es spüren können, welche Kraft und welche Stärke aus solchen Worten dringen kann und wie die Kraft dieser Traumbilder tausende erreicht. Nur wenige Tage und Wochen danach fielen die Rassengesetze, eine neue Ära des Zusammenlebens begann in den Vereinigten Staaten, die nicht alle Probleme für die schwarze Bevölkerung dort löste aber vieles einfacher und erträglicher machte.

Die Macht der Träume wird sichtbar in der Geschichte Martin Luther Kings, genauso wie in den Tagen des Mauerfalls in Deutschland oder in den Tagen des Prager Frühlings, sie war spürbar unter den Studenten auf dem Platz Tienamen in Peking oder der Peace-now-Bewegung in Israel vor der Ermordung Premier Rabins. Die Macht der Träume gewinnt im alltäglichen Leben Gestalt in den kollektiven Träumen der Menschheit, der Traum vom Fliegen, der Traum der ewigen Jugend oder der Traum vom Sieg über die Krankheiten. Träume haben eine eigenartige Macht, nehmen vorweg, was heute noch noch unerreichbar scheint. Träume bewegen Menschen und es scheint gelegentlich so, dass Träume der Wirklichkeit vorausgehen, ja sie überhaupt erst möglich machen. Was sein wird, haben Menschen zuvor geträumt. Unsere Träume, seien sie positiv oder negativ nehmen vorweg, was in unserer Welt denkbar und vorstellbar und eines Tages auch Wirklichkeit sein wird.


Schwerter zu Pflugscharen

Schon die Bibel kennt solche Träume. Sorgsam aufgeschrieben und aufbewahrt wurden sie von den Schriftstellern der Bibel, auf Rollen versiegelt, für die Zukunft bestimmt. Worte der Propheten nehmen das Kommende vorweg, träumen eine andere Welt, ahnen Gericht und Bewahrung der Welt vor den Augen Gottes. Und ihre Träume begleiten die Menschenheit über Jahrhunderte, warten auf Erfüllung, sie sind ausgesandt wie die Worte der Herrn, die einmal ausgesprochen, nicht leer zurückkommen werden.

Es sind Bilder, die ihre eigene Macht entfalten. In ihnen steckt die Wirklichkeit des Reiches Gottes, die Verwandlung unserer Welt in den großen Traum Gottes, der Vollendung seiner Schöpfung.

Dass Schwerter zu Pflugscharen werden, dass der Krieg und das Morden abgeschafft würden, dass Gerechtigkeit werde im Unrecht unserer Welt. Nicht immer scheint dies realistisch. Immer wieder holen uns die grausamen Bilder von Terror und Gewalt ein. In Wellen der Ernüchterung und Ermutigung ist die Erfüllung dieser Verheißung zum Greifen nahe und wird dann wieder in Frage gestellt.

Dennoch steht der Traum im Raum und die Erinnerung an ihn gestaltet die Wirklichkeit. Eine am Lauf verbogene Pistole steht als Monument vor dem UNO-Gebäude in New York und ein Emblem mit einem Mann, der ein Schwert mit einem Hammer zu einem Pflug umwandelt nähten sich engagierte Christen in der DDR auf den Ärmel. Das Wort der Verheißung gewann in der friedlichen Revolution der Wende eine greifbare Gestalt.

Und auch andere Visionen der Bibel sind mehr als feierliche Worte. Das Lamm das neben dem Löwen liegt träumt von der versöhnten Schöpfung, die Völker die zum Zion pilgern träumen von dem Frieden der vom Berge und der Nähe Gottes ausgeht. Und die Menschheit wartet auf Wiederkunft des Erlösers, der seit der Prophezeiung des Jesaja den Namen trägt „Gott mit uns“ - Immanuel. Die Träume Gottes haben die Macht die Welt zu verwandeln. Wer darauf vertraut hat heute schon Anteil daran, indem er sie für sich als wirksam entdeckt.


Die Macht der Traumbilder

Die Bilder der Bibel erscheinen uns oft wie ein Traum. Manchmal sind sie auch genauso unwirklich und verwirrend wie diese. Träumt Gott die Welt in unseren Träumen, nimmt er die kommende Wirklichkeit vorweg in den Gesichten der Menschen? Ich möchte den Gedanken wagen, dass Gott unsere Welt in seinen Träumen Wirklichkeit werden lässt. Ja letztendlich ist seine ganze Schöpfung ein einziger großer Traum seiner Wirklichkeit.

In unseren Träumen sind wir dieser Wirklichkeit ganz nahe. Aber nicht immer dringt sie an unser Bewußtsein heran. Manchmal sind uns diese Bilder so eindrücklich, dass wir sie in unser Wachbewußtsein übernehmen, ja sie eventuell sogar als bedeutungsvoll erkennen. Hin und wieder wecken uns die Bilder auf, erschrecken uns, zeigen uns den Weg. Im Traum finden sich Lösungswege, in denen sich die Bilder der Konflikte widerspiegeln, in denen wir leben. Die Macht der Träume besteht darin, Symbole zu bilden, die für unser Leben bedeutungsvoll werden können, die Himmelsleiter bei Jakob, die fetten und mageren Kühe bei Joseph, die Schwerter zu Pflug­scharen bei Jesaja, Joel oder Micha oder das neue Jerusalem in der Offenbarung.

Diese Bilder haben eine ganz eigentümliche Kraft. Sie können die Vorstellungen und Bestrebungen der Menschen dermaßen verdichten, dass sie Wirklichkeit werden. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür wie Stimmungen und Ahnungen der Menschen Ereignisse vorwegnahmen die wenige Jahre darauf eintraten. Letztendlich erahnen wir den großen Traum, der hinter allem steht, träumen wir ihn durch unsere Gedanken, Phantasien, Wünsche und Träume. Die Welt ist wie ein großes Netz und im Zusammenspiel der imaginären Kräfte entfaltet sich die Macht des Schöpfers. Wir alle leben diesen großen Traum, sind Teil davon, werden von ihm verwandelt auf die Wirklichkeit Gottes hin.


Das Kommen Christi

Das Kommen Christi ist darin eine enorme Konzentration des Geschehens. Der große Naturphilosoph und Jesuit Pierre Teilhard de Chardin erkannte darin eine entscheidende Wendepunkt in der zunehmenden Materialisierung der Wirklichkeit Gottes auf den Zielpunkt der Schöpfung hin, den er Punkt Omega nannte. Gott geht sozusagen schrittweise in seine Schöpfung über, wird in Christus eins mit ihr als des kosmischen Christus. Und Christus durchdringt seine Welt in dem er sie nach und nach verwandelt, sie ihm und dadurch dem großen Traum des Schöpfers ähnlich macht. Teilhard sieht als Beleg dafür die zunehmende Komplexität unserer Welt, die sich immer weiter entwickelt, von der unbelebten, über die belebte, der geistigen hin zur spirituellen Welt.

In all dem wird uns die Wirklichkeit Gottes immer deutlicher als unsere Wirklichkeit, wie es unsere Stelle aus der Offenbarung sagt, indem Gott bei uns ist und sich unsere Wirklichkeit als seinem Volk mit seiner Nähe verbindet. Vom Alpha bis zum Omega entfaltet sich so sein großer Traum, der der Traum Gottes ist.

 

Pfarrer Achim Fürniss, Backnang

 

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